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Projekt Details

Die Herausforderungen für das Gelingen der Energiewende sind vielschichtig und komplex. Die in diesem Zusammenhang zunehmende Diversifikation individueller und z. T. ortsabhängiger Lösungsansätze sowie die erkennbare Notwendigkeit zu einer dezentralen Steuerung und Koordination von Energieerzeugung und -verbrauch machen eine systematische und standardisierte Vorgehensweise nicht nur aus Kostengründen unumgänglich. Dies gilt insbesondere für die Verwendung von verteilten, vor Ort eingesetzten Softwaresystemen, die mit einer wachsenden Anzahl von Aufgaben betraut werden sollen, wie z. B. der Kostenoptimierung einzelner Verbrauchergruppen, nach übermittelten Vorab-Preisinformationen im Rahmen von Demand Response.

Im Rahmen angewandter Forschung, aber auch im Kontext der wissenschaftlichen Smart Grid – Entwicklungen hat sich das Paradigma des Software-Agenten einen festen Platz erarbeitet, jedoch ist der konkrete, großflächige Einsatz von Agententechnologie in realen Systemen derzeit noch nicht absehbar. Die in diesem Zusammenhang vorgestellten Ansätze zeigen zumeist Lösungen für individuelle Probleme und Aufgabenstellungen auf, lassen aber noch vereinheitlichende bzw. standardisierende Ansätze vermissen. Diese sind jedoch für den realen, großflächigen Einsatz von agentenbasierten Systemen notwendig, damit systemübergreifend und unabhängig von spezifischen Energieträgern die Energiesicherheit und der dafür benötigte Informationsaustausch auf Grundlage gleichartiger Entwicklungsprozesse und -werkzeuge sowie auf Grundlage gleichwertiger Informationen gewährleistet werden kann.

Erforderlich sind daher zunächst eine eindeutige Definition sowie eine präzise systemische Abgrenzung von Software-Agenten und deren Aufgaben und Fähigkeiten im Kontext der vorhandenen, heterogenen System­landschaften. Darüber hinaus erfordert die Einbeziehung unterschiedlicher Energiedomänen, wie Elektrizität, Gas oder Wärme, und das damit anvisierte Ziel einer domänenübergreifenden Interoperabilität und Flexibilisierung, die Schaffung und Nutzung von einheitlichen Schnittstellen, Modellen und Entwicklungs­prozessen.

Zielsetzung

Einheitlicher Ansatz

Im Rahmen des Vorhabens sollen die benötigten Charakteristika und die Anwendbarkeit von vereinheitlichten, autonomen, dezentral operierenden und in Energiesystemen verankerten zusätzlichen Software-Systemen untersucht werden. Konform zu gängigen Definitionen von Software-Agenten, werden wir diesen systemischen Ansatz im weiteren Verlauf als „Energie-Agenten“ bezeichnen, dessen Kern – also den einzelnen Agenten – wir allgemein wie folgt definieren und untersuchen wollen:

Ein Energie-Agent ist ein spezialisiertes autonomes Softwaresystem, welches informations­technologisch ein einzelnes technisches Energiewandlungssystem repräsentiert und dabei die energetischen Freiheitsgrade in Bezug auf Energieerzeugung, -verbrauch und -speicherung bewirtschaftet. Dabei ist der Energie-Agent sowie das technische System gleichzeitig Bestandteil eines oder mehrerer Energieverteilungsnetze und in der Lage sowohl innerhalb dieser Netzwerke, als auch mit externen Akteuren zu interagieren und zu kommunizieren.

Entwicklungsprozess

Das primäre Ziel dieses Vorhabens ist die Erstellung eines Referenz-Entwicklungsprozesses für einheitlich definierte, jedoch individuell anpass­bare Energie-Agenten. Analog zu Vorgehensmodellen aus der Software- oder Auto­matisierungs­­technik, wie z.B. dem V-Modell oder dem Rapid Control Prototyping, soll im Rahmen des Vorhabens der Entwicklungsprozess eines Energie-Agenten systematisch untersucht und definiert werden. Im Fokus liegen dabei unter anderem die Projekt­meilensteine (i) Spezifizierung und Modellierung, (ii) Implementierung, (iii) Simulation, (iv) Prüfstand-Anwendungen (Testbed) und (v) der Einsatz und die Wartung von Energie-Agenten in realen Systemen vor Ort. Dabei sollen insbesondere die Unterschiede in den zeitlichen Anforderungen von Simulationen und realen Systemen untersucht, herausgestellt und möglichst geschlossen werden, so dass das Konzept und die Implementierung von Energie-Agenten in allen Schritten des Entwicklungsprozesses einheitlich angewendet werden kann.

Proprietäre Formate überkommen

Die zur Steuerung der heutigen Energieversorgung eingesetzten, überwiegend automatisierungstechnischen Systeme sind weitestgehend heterogen bzw. proprietär. In der Konsequenz müssen demnach weitreichende Standards entwickelt und verabschiedet werden, deren konkrete Umsetzung, bei zum Teil noch unklaren Vorgaben, sich noch über Jahre hinziehen und somit das Vorankommen der Energiewende signifikant verlangsamen können. Ein im Gegensatz dazu homogen entwickeltes agentenbasiertes System, welches sowohl in Simulationen als auch in realen Anwendungen eingesetzt werden könnte, böte hier das Potential schnellerer und nachhaltiger Entwicklungen sowie eine langfristig erhöhte Investitions­sicherheit für Anbieter und Endkunden.

Praktische Umsetzung

In einer interdisziplinären Herangehensweise und unter Einbeziehung von Praxispartnern soll die technische Machbarkeit, die Stabilität und die praktische Umsetzbarkeit des innovativen und neuen Ansatzes des Energie-Agenten untersucht werden.

Hybrider Ansatz

Im Gegensatz zu vielen Ansätzen der E-Energy Projekte soll in diesem Vorhaben der Fokus nicht allein auf die elektrische Stromversorgung und deren Verteilnetze gelegt werden. Vielmehr sollen hybride Energie­versorgungs­strukturen, die insbesondere auch die Gas- und Wärme­versorgung berücksichtigen können, adressiert und untersucht werden. Auf Grundlage der thermo­dynamischen Hauptsätze und unter Einbeziehung aktueller Kommunikations­­standards soll unter anderem ein generelles, auf verschiedene Energie­systeme anwendbares Framework und Referenzdatenmodell entwickelt werden, das den Energie-Agenten sowohl als Basis für systeminterne Prozesse, aber auch als Basis für die Kommunikation dienen soll. Die daraus resultierenden Möglichkeiten der vereinheitlichten, domänen­übergreifenden Inter­aktionen zwischen verschieden­artigen Energie­verteilungs­systemen kann dabei mittelfristig als Grundlage weiterer Forschungsvorhaben dienen, soll jedoch in diesem Vorhaben nur anhand überschaubarer Praxisszenarien und mit Hilfe agentenbasierter Simulationen validiert werden. Fragen zu notwendigen Richtlinien und möglichen Verhaltensweisen der involvierten Agenten sollen dabei in grundsätzlicher Form behandelt werden und vor allem Raum für weitere Entwicklung bieten.